People-Pleaser und Gutmensch
- Ella Lugin
- 3. Feb.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. März
Leben zwischen Harmoniestreben und Selbstaufgabe
Dieser Artikel beleuchtet die psychologischen Hintergründe von People-Pleasern, Gutmenschen und Narzissten.

In unserer Gesellschaft werden Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und ein harmonischer Umgang miteinander als wertvolle Eigenschaften angesehen. Doch warum hinterlassen diese Eigenschaften oft einen 'schalen Nachgeschmack' bei Empfängern der Hilfsbereitschaft und das Gefühl des Ausgenutztwerdens bei den Gutmenschen? Die Begriffe "People-Pleaser" und "Gutmensch" beschreiben zwei Persönlichkeitsmuster, die auf den ersten Blick positiv erscheinen, jedoch tiefere psychologische Mechanismen und Herausforderungen mit sich bringen.
People-Pleasing und Gutmenschentum werden auch gerne von Narzissten als Taktik benutzt, um ihre Agenda durchzusetzen. Es ist also eine Strategie, um zu erhalten, was sie wollen und immer an Gegenleistungen geknüpft.
Was ist ein People-Pleaser?
Ein People-Pleaser ist eine Person, die es allen recht machen möchte – oft auf Kosten der eigenen Bedürfnisse und Grenzen. Dieses Verhalten entspringt häufig einem tiefen Wunsch nach Anerkennung und Vermeidung von Konflikten. Menschen mit dieser Neigung haben oft Schwierigkeiten, „Nein“ zu sagen, und passen sich stark an die Erwartungen anderer an. Dahinter stecken Ängste vor Ablehnung und einem geringen Selbstwertgefühl.
Die psychologischen Ursachen
Frühe Prägungen: Kinder, die in einem Umfeld aufwachsen, in dem Liebe und Anerkennung an Bedingungen geknüpft sind, entwickeln oft das Muster, anderen zu gefallen, um Zuneigung zu erhalten.
Perfektionismus: Viele People-Pleaser haben einen inneren Perfektionismus, der ihnen suggeriert, dass sie nur durch gefälliges Verhalten wertvoll sind.
Angst vor Zurückweisung: Die Furcht, nicht akzeptiert oder gar ausgeschlossen zu werden, führt dazu, dass Betroffene ihre eigenen Bedürfnisse unterdrücken.
Die Folgen für Betroffene
Emotionale Erschöpfung durch permanente Anpassung
Schwierigkeiten, eigene Wünsche und Ziele zu verwirklichen
Anfälligkeit für Manipulation oder toxische Beziehungen
Der Gutmensch – Idealist oder Problemvermeider?
Der Begriff "Gutmensch" wird oft abwertend für Menschen benutzt, die sich besonders stark für soziale Gerechtigkeit und moralische Ideale einsetzen. In einem neutralen Sinn beschreibt es jedoch Menschen, die anderen helfen und eine bessere Welt schaffen wollen. Doch auch hier kann ein psychologischer Mechanismus wirksam sein: Manche Gutmenschen haben eine starke innere Verpflichtung, stets das Richtige zu tun – selbst wenn es ihre eigenen Ressourcen übersteigt. Dieses Verhalten schädigt sie auf die Dauer und zeigt sich durch Erschöpfung, Depression und oftmals durch finanzielle Verluste.
Die psychologischen Ursachen
Ein starkes Gerechtigkeitsempfinden: Viele Gutmenschen haben ein ausgeprägtes moralisches Wertesystem, das sie antreibt und das sie über ihre eigenen Befindlichkeiten stellen.
Identitätsbildung über Altruismus: Manche definieren ihren Selbstwert über ihren Einsatz für andere.
Die Vermeidung eigener Probleme: Durch den Fokus auf das Helfen kann es zur Vernachlässigung der eigenen Integrität kommen.
Was aus falsch verstandenem 'Gutmenschentum' resultiert sind
Ein Burnout durch ständige Selbstaufopferung
Zweifel und Enttäuschung, wenn die Welt nicht den eigenen Idealen entspricht
Die Gefahr von moralischer Überlegenheit, die zu Konflikten führen kann
Wenn Hilfsbereitschaft berechnend wird: Narzisstische People-Pleaser und Gutmenschen
Nicht jeder, der sich als hilfsbereit oder altruistisch gibt, handelt aus selbstlosen Motiven. Manche Menschen nutzen People-Pleasing oder die Rolle des Gutmenschen als Strategie, um Anerkennung, Macht oder Kontrolle zu erlangen. Hier sind einige Anzeichen für berechnende Motive
Die Merkmale narzisstischer People-Pleaser
Sie helfen mit dem Ziel, Bewunderung und Dankbarkeit zu erhalten
Narzissten erwarten Gegenleistungen und fühlen sich verletzt oder wütend, wenn ihre Hilfe nicht anerkannt wird
Sie nutzen Freundlichkeit, um sich Vorteile zu verschaffen oder Kontrolle über andere auszuüben
Narzissten manipulieren durch Schuldgefühle, um Abhängigkeiten zu schaffen
Die Merkmale berechnender Gutmenschen
Sie stilisieren sich als moralische Instanz, um sich über andere zu erheben
Gutmenschen verwenden ihre Hilfsbereitschaft, um soziale Anerkennung oder politische Einflussnahme zu erlangen
Sie demonstrieren Altruismus vor allem dann, wenn sie damit soziale oder berufliche Vorteile erhalten
Gutmenschen zeigen geringe Empathie für individuelle Bedürfnisse, wenn diese ihren eigenen Idealen widersprechen
Wähle das gesunde Gleichgewicht
Sowohl der People-Pleaser und der Gutmensch haben grundsätzlich positive Eigenschaften, doch ein gesundes Maß ist entscheidend. Hier einige Ansätze, um Balance zu finden
Übe Selbstreflexion: Sich bewusst machen, warum man bestimmte Verhaltensweisen zeigt, kann helfen, gesündere Entscheidungen zu treffen.
Setze Grenzen: Ein „Nein“ ist keine Ablehnung, sondern ein Ausdruck von Selbstachtung.
Stärke deinen Selbstwert unabhängig von externer Anerkennung: Durch Selbstliebe und innere Zufriedenheit kann das Bedürfnis nach äußerer Bestätigung reduziert werden. Meistens ist eine therapeutische Begleitung nötig, denn Menschen neigen zur Eigenblindheit. Die eigenen Schatten erkennen ist nicht einfach. Wir benötigen einen 'neutralen Spiegel' und das ist die Arbeit von Therapeut/innen. Auch im Rahmen eines gruppendynamischen Prozesses geschieht viel Selbsterkenntnis. Oftmals sind diese Prozesse in der Gruppe am tiefgreifendsten und bringen Dich schneller in die Transformation.
Entwickle realistische Erwartungen an dich und die Gesellschaft: Nicht alles liegt in der eigenen Macht – und das ist in Ordnung.
Wahre Hilfsbereitschaft beginnt dort, wo sie nicht zur Selbstaufgabe führt und nicht als strategisches Mittel für Ziele eingesetzt wird.
Sowohl People-Pleaser als auch der Gutmensch handeln oft aus edlen Motiven, können sich dabei aber selbst verlieren. Eine bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Mustern und das Setzen gesunder Grenzen helfen dabei, sowohl für andere als auch für sich selbst da zu sein.